DIE SCHIFFFAHRT
 
Die Schifffahrt wird wohl nicht weniger alt sein als die höher entwickelte menschliche Kultur schlechthin. Schon lange bevor es Straßen und Landfahrzeuge gab, werden unsere Gewässer als Verkehrswege eine wichtige Rolle gespielt haben.
Die Schifffahrt im Altertum
 
Der Einbaum ist bekanntlich das älteste und primitivste Fahrzeug unter den Ruderschiffen. Das Heimatmuseum in Braunau besitzt zwei Einbaumreste, die zweifellos aus urgeschichtlicher Zeit stammen und damit als die ältesten Einbäume unseres Landes gelten können. Sie wurden in den letzten Jahrzehnten im Inn und in der Salzach gefunden.
 
Die Schifffahrt im Mittelalter und in der Neuzeit
 

Nach dem Abzug der Römer kommen jene jahrhunderte, die der Historiker die dunklen zu nennen pflegt, weil uns keine Urkunden, keine sonstigen Aufzeichnungen und auch keine bildlichen Darstellungen über Leben und Treiben in jener Zeit berichten. Folgerichtig haben wir auch von der nachrömischen Schifffahrt keine Kenntnis. Trotzdem ist nicht im geringsten daran zu zweifeln, dass der Schiffsverkehr auf unseren Flüssen und Seen auch nach dem Abzug der Römer nicht zu Ende gegangen, sondern sich von Jahrhundert zu Jahrhundert vervollkommnet und intensiviert hat.
Auf gatischen Tafelbildern und in mittelalterlichen Handschriften sehen wir nach diesen vielen Jahrhunderten des SChweigens zum ersten Male auch wieder Schiffsdarstellungen. Die dort abgebildeten Fahrzeuge unterscheiden sich in nichts von denen, die bis zum Beginn der Dampfschifffahrt auf unseren heimischen Gewässern Verwendung gefunden haben. Daraus kann gefolgert werden, dass die Schifffahrt im Mittelalter bereits voll ausgereift und in Blüte war und dass auch in den dunklen Jahrhunderten des ersten Jahrtausends die Fahrzeuge nicht weniger fahrtüchtig waren als die des späten Mittelalters.

Die Schiffszüge
 

Eine Darstellung unserer Schifffahrt kann den Gegebenheiten nur gerecht werden, wenn der Donauverkehr, auf den jede Art unseres Wasserverkehrs orientiert war, in den Vordergrund gestellt wird. Zur Durchführung der erwähnten Gütertransporte innaufwärts wurden Schiffszüge organisiert. Mehrere große Transportschiffe wurden aneinander gebunden und in Begleitung verschiedener kleiner Beifahrzeuge von vorgespannten Pferden wasseraufwärts gezogen. Die gro0en Schiffszüge, die in nachmittelalterlicher Zeit das Leben auf den wichtigsten unserer Flüsse beherrschen, waren für die Innschifffahrt besonders kennzeichnend.
Das erste und größte Transportschiff eines Schiffszuges war immer ein "Kehlheimer" und wurde als "Hohenau" bezeichnet. Hohenau wurde nicht nur das erste Schiff, sondern auch der Schiffszug selbst genannt. Aber auch die Fahrt gegen den Strom hieß Hohenau und vom Worte Hohenau leitet sich schließlich auch die generelle Bezeichnung der Leute vom Schiffszug als "Hohenauer" ab.
Der Kehlheimer galt als das größte Schiff auf der Donau. Seine Länge schwankte zwischen 115 und 128 Schuh (1 Schuh = 0,316m), die Breite betrug ungefähr 20 Schuh. Der Kehlheimer hatte spitzes Vorder- ("Gransel") und Hinterteil ("Stoir") und zwei Stände zur Betätigung von je zwei Ruderbäumen und seit dem Ende des 18. Jahrhunderts ein drehbares Steuerruder, "Reiben" oder "Saureiben" (auch Timon) genannt. Wenn der Kehlheimer für einen Getreidetransport bestimmt war, war er mit einer hüttenartigen Eindeckung "zugerichtet". Diese Schiffe wurden ursprünglich in Kehlheim, später aber auch anderwärts gebaut. In den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts ging ihre Herstellung stark zurück, in den neunziger Jahren kamen sie außer Gebrauch.
Die folgenden zwei oder drei schweren Schiffe des Schiffszuges waren "Gamsen". Sie waren etwas kleiner als die Kehlheimer und wurden in den Schiffszügen als "Nebenbei" und "Schwemmer" bezeichnet. Sie wurden ähnlich wie die Kehlheimer gebaut. Ihre Länge schwankte zwischen 32 und 40 Meter, ihre Breite betrug ungefähr 5,4 Meter, und sie waren 1,6 Meter tief. Noch kleiner (20 - 30 m) waren die Inn-Gamsen, die später nochmals Erwähnung finden sollen. War, wie schon erwähnt, noch ein viertes beladenes Schiff im Zug, so hieß dieses "Schwemmer-Nebenbei". Die Ladefähigkeit der Hohenau betrug 1600 bis 2400, des Nebenbei 1000 bis 1400 und des Schwemmers 1200 bis 1550 Zentner.
Ausser diesen drei bis vier Lastschiffen gehören zu einem Schiffszug auch noch mehrere Nebenschiffe. Der Hohenau voran fuhren zwei bis drei "Einstellplätten", mit denen die Pferde an den Ausgangspunkt der Reise geführt worden waren und mit denen sie während des Zuges, wenn notwendig, ans andere Ufer gebracht wurden. Da in der Mitte dieser Fahrzeuge eine schwere eichene Gabel ("Funke") aufgestellt war, auf der während des Zuges das Zugseil ("Buesen") lief, wurden sie auch "Funkel-" oder "Buesenzillen" genannt. Damit die Pferde beim Uferwechsel leicht in diese Zillen einspringen konnten, waren die Bordwände sehr niedrig gehalten. Ein weiteres Nebenschiff war der "Seilmutzen" oder die "Seilplätte". Es diente zum Überfahren des Zugseiles ( Buesens) zu den Pferden und zur Höhenau und war während der Fahrt so an die Hohenau angehängt, dass er stets neben ihr, etwa in der Mitte, einher fuhr. Bei manchen Schiffszügen wurde auch eine "Stoir-" oder "Futterplätte" an die Hohenau angehängt. Schließlich wurden noch drei "Waidzillen", die für den Verkehr mit dem Lande und für Rettungszwecke benötigt wurden, mitgenommen und als "Ausfahrzillen" bezeichnet.
Die großen Schiffszüge, denen oft bis zu 60 Pferde vorgespannt werden mussten, waren besonders für die Donau- und Innschifffahrt kennzeichnend. Sie dürften aber kaum weiter als bis in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts zurückgehen. Vorher pflegte man die Schiffe einzeln unter Vorapannung von Menschenkraft flußaufwärts ziehen zu lassen.Ein solcher Gegenzug durch Menschenhand ist beispielsweise auf einer Miniatur des noch vor 1400 entstandenen "Schiffleutzechbuch" im Passauer Stadtarchiv dargestellt: Ein mit Salzkufen beladenes Schiff fährt "hin awgem Passaw" (hinab nach Passau) das leere wird von einem Schiffsknecht mit einem Seil "hin wider gem lawffen" (hinauf nach Laufen ) gezogen.

 
Der Schiffsreiter
 
Die Pferde wurden zum Teil paarweise, zum Teil einzeln angespannt. Bei paarweiser Bespannung war von jedem Pferdepaar nur eines beritten, bei Einzelbespannung jedes. Die Schiffreitersättel waren primitiv, gewöhnlich nur aus Holzverfertigt. Die Pferde hatten eine eigenartige Beschirrung, für die das "Stühl" besonders kennzeichnend war. Dies war ein zäher, hölzener Bogen, der sich um den Hinterteil des Pferdes legte und mittels der Kurzstränge am Kummet befestigt war. Am ganz hinten angebrachten Stühlring wurde mittels eines Knebels das Zugseil - "der Buesen"- der Schiffe eingehängt. Erst durch diese eigenartige Bespannung konnte das Pferd seine ganze Zugkraft an der Achse seines Körpers ausüben.
Die Schiffsreiter, bei den Treiberzügen auch Treiber genannt, saßen meist nur seitlich im Sattel und ließen die Füße an einer Seite des Tieres herabhängen. Sie wurden gerne als wüste Gesellen beschrieben, die mit fürchterlichem Lärm und Peitschenknall die Pferde antrieben, was Anlass zur Entstehung zahlreicher Sagen gab. An der Spitze des Zuges ritt der Vorreiter. Er war der Kommandant des Schiffszuges und hatte mit seiner Meßlatte, der "Marschalten", die Wassertiefe der Seitenarme und jener Stellen, an denen die Pferde ins Wasser kamen, zu sondieren und alles Notwendige zu veranlassen, damit Menschen und Pferde keinen Schaden erlitten. Das er seine rotweiß gestrichene Meßlatte, wenn er sie nicht benötigte, stets quer über den Beinen liegen hatte, wurde er scherzhaft auch "Stanglreiter" genannt.
Der Weg, auf dem sich Pferde entlang der Flussufer bewegten, hieß "Treppelweg". Gerade in manchen Bereichen des Strudengaues ist er auch heute noch gut erhalten und als solcher durch Hinweistafeln auch gekennzeichnet. Da nicht jeder Uferabschnitt gleich gut für den Pferdezug geeignet war, musste im Verlaufe der Fahrt unzählige Male das Ufer gewechselt werden. Zu diesem Zwecke mussten jedesmal die Pferde auf die Schiffe (Einstellplätten) verladen und ans andere Ufer gefahren werde.
 
Die Inn- und Salzachschifffahrt
 
Auf der Salzach stand besonders die Salzschifffahrt im Vordergrund. Leider war dieser Fluss erst ab den Salzachöfen in größerem Ausmaße für die Schifffahrt geeignet. Die für die Salzach kennzeichnende Fahrzeugtype war unter dem Namen Salzburger Plätte bekannt. Diese waren ähnlich wie die Tiroler Plätten des Inns gebaut. Sie wurdenbis in die achziger Jahre des vorigen Jahrhunderts zur Abfuhr des Halleiner "Faßlsalzes" durch die Laufener Schiffergemeinde verwendet.
Nach dem Aufhören der Salztransporte (Bahn!) wurden die Salzburger Plätten hauptsächlich für den Transport von Scheiterholz eingesetzt. Sie wurden vorwiegend in Hallein, aber auch in anderen österreichischen und bayerischen Salzachstädten gebaut. Im Jahre 1851 wurden 1750 neue Salzburger Plätten hergestellt. 1852 passierten noch 1683 Salzburger Plätten das Zollamt in Engelhartszell, 1865 waren es schon nur mehr 784. Vereinzelt kamen solche Salzburger Plätten mit Holz beladen noch nach dem ersten Weltkrieg in die Donau. Sie wurden erstmalig in einer Aufzeichnung aus dem Jahre 1686 erwähnt.
Die Innschifffahrt nahm in Hall bei Innsbruck ihren Ausgang. Die Tiroler Plätten, wie die auf dem Inn verkehrenden Fahrzeuge genannt wurden, brachten im vorigen Jahrhundert neben anderen Waren vor allem hyfraulischen Kalk im großen Mengen an die Donau.
 
Die Flößerei
 

Auf der Donau, insbesondere aber auf ihren Nebenflüssen, wurde neben der Schifffahrt von jeher auch die Flößerei sehr intensiv betrieben.
Die Flößerei diente dem Holztransport. Das Transportgut - Baumstämme, Balken und Bretter - wurde im Gegensatz zur Schifferei nicht in ein Fahrzeug verladen, sondern nach bestimmten Regeln selbst zu einem Fahrzeug zusammengeführt und nach Erreichung des Bestimmungsortes wieder in seine Bestandteile aufgelöst. Das fertige Floß wurde aber manchmal auch noch zusätzlich mit anderem Transportgut beladen.
Da erst in jüngeren Quellen über das Bestehen einer Flößerei berichtet wird, sind wir über deren tatsächlichen Alter wenig informiert und können deshalb nicht einmal angeben, ob sie die Römer schon gekannt haben. Da die Flößerei vor allem den großen Holzbedarf der Städte zu decken hatte, wird sie vor der Entstehung unserer städtischen Siedlungen noch kaum in besonderer Blüte gestanden haben. Dies schließt aber nicht aus, dass in vormittelalterlicher Zeit schon Flöße für den Transport anderer Handelsgüter - auf der Enns nannten wir den ursprünglich mit Flößen durgeführten Eisentransport - in Einsatz gestanden.
Unter allen Nebenflüssen der Donau kommt der Traun die größte Bedeutung für die Flößerei zu. Wegen der Verschiedenartigkeit ihrer Nebenflüsse, die sehr verschiedene Flussformen verlangten, ist die Traunflößerei die vielgestaltigste gewesen. Außerdem hatte sie beträchtlichen Umfang und ist erst während und nach dem ersten Weltkrieg fast schlagartig eingegangen.

 
Die Holztrift
 
Bei der Almflößerei wurde erwähnt, dass das Holz, aus dem die Flöße gebaut wurden, meistens bis zum Floßplatz getriftet wurde. Das Triften, auch Schwemmen genannt, besteht darin, dass das zu befördernde Holz in fließendes Wasser geworfen und nach Erreichung des Zieles wieder aufgefangen wurde.
Das Netzt der Triftgewässer war wesentlich dichter als das der Schifffahrt un Flößerei, da die Holzschwemme auch nicht schiffbaren Gewässern möglich war und für diesen Zweck nicht selten Schwemmkanäle angelegt oder zumindest kleinere künstliche Gerinne aus Holz oder Stein gebaut wurden. Sie bedeutendste unter diesen Anlagen war wohl der Schwarzenbergische Schwemmkanal, der den Böhmerwaldraum mit der Donau verband.
Um eine reibungslose Holzschwemme zu ermöglichen waren zahlreiche Triftanlagen notwendig; Klausen oder Schwellwerke, um bei kleineren Gerinne genügend Wasser für eine flotten Schwemmvorgang zu speichern, und Schutzbauten, um die Ufer, Gebäude, Werksanlagen, Brücken und ähnliche Einrichtungen vor Beschädigung durch anstoßendes Treibholz zu schützen. Die wichtigsten und auch charakteristischsten Anlagen für die Holzrift waren aber die großen "Rechen" zum Auffangen des Holzes am Ende der Triftstrecke.
 
Die Schopper
 
Nach diesem Ausblick auf die Flößerei und Trift abschließend nochmals zurück zur Schifffahrt. Von ihr lebten nicht nur die eigentlichen Schiffsleute, sondern auch die zahlreichen Schiffsbauer, die Schopper, wie sie sich nannten. Unter Schoppen verstand man das Abdichten der Fugen der Schiffe durch Moos, was schlie0ßlich dem gesamten Berufsstand der Schiffsbauer den Namen gegeben hat.
Die zwischen den Brettern und sonstigen Hölzern im Querschnitt dreieckig angelegten Fugen eines Schiffes wurden stets von außen verschoppt. Dies ging so vor sich, dass zunächst ein dünner Span, der sogenannten "Miasbeil", eingelegt, dann Moor ("Mias") hineingepreßt und mit "Klampfen" aus Blech niedergenagelt wurde.
Bei den ungeheuren Bedarf an Schiffen stand das Gewerbe des Schiffbauers einst in hohem Ansehen und gab vielen Menschen Arbeit und Brot. Nach dem Franciscäischen Kataster bestanden um 1825 allein an der Donau 16 Schopperanwesen. Der Schiffsbau gab viel Arbeit, denn ursprünglich baute man ja die Schiffe nur aus gehacktem Holz. Die erforderlichen Bretter wurden damals aus großen, schlankgewachsenen Fichten, die man der Länge nach in Abständen anbohrte und auseinanderkeilte, gewonnen, ein Brauch, der sich an der Enns noch bis zum Jahre 1851 hat feststellen lassen. Um die Mitte des 17. Jahrhunderts ging man zunächst an der Traun dazu über, geschnittenes Holz auch im Schiffsbau zu verwenden. Am meisten dürfte das Schoppergewerbe im Salzkammergut in Blüte gestanden haben, denn dort war ja nicht der Bedarf für die Schifffahrt und für den Lokalverkehr zu befriedigen, sondern es wurden dort auch die Schiffe für die Truppen (Tschaiken) hergestellt. die in Ungarn gegen die Türken kämpften. Am längsten hat sich das Schoppergewerbe an der Traun erhalten, denn als es keine Traunschifffahrt mehr gab, wurden in Stadl-Paura noch Donauschiffe gebaut. An der Donau, wo früher jährlich tausende Schiffe aller Art hergestellt wurden, ging der Schiffbau viel rascher zurück und schon bald nach dem ersten Weltkrieg war "die Fertigstellung einer Siebnerin zu einem Ergebnis geworden, das Anlaß zu einem Fest geben konnte, an dem höchste Würdenträger teilnahmen."

   

    Der Inn: schicksalhafte Lebensader für Schärding  

Die Geschichte der Schifffahrt auf dem Inn

Schärding, die kleine Grenz- und Kurstadt, die hinsichtlich der Bevölkerungszahl in letzter Zeit immer mit dem Fünftausender“ kämpft, ist ohne den Inn - Fluss nicht vorstellbar. Er bedeutet für die Stadt eine Lebensader, die im Laufe der Geschichte allerdings auch harte Zeiten gebracht hat.

Der Inn entspringt im Lunghin - See nächst des Maloja-Passes in der Schweiz, durchfließt das Engadin und kommt nach 100 km bei Finstermünz nach Tirol.Von Kiefersfelden bis Freilassing fließt er durch Bayern, ehe er bis zur Mündung in Passau die bayerisch - österreichische Grenze bildet.

Die Kelten nannten ihn Ine, den Fließenden, die Römer Oenus oder Ainos, den Gewaltigen; vor Generationen schrieb man ihn auch Yn,Ynn, Ihn und Jhn. Mit 510 km Länge und einem Einzugsgebiet von 25.700 Quadratkilometern ist er der größte Alpenfluss nördlich der Alpen und der größte Nebenfluss der oberen Donau.

Die Anfänge des Schiffsverkehrs liegen im Dunkel der Frühgeschichte. Daß das Inntal schon vor 7000 Jahren besiedelt war, wissen wir aus archäologischen Funden. Für die Römer war der Inn die Trennlinie zwischen den Provinzen Rätien und Norikum und Transportweg für Truppen und Güter.

Aus dem Mittelalter haben wir die besten Nachweise über die steile Entwicklung  der Schifffahrt auf dem Inn. Er wurde als Fortsetzung der Brennerstraße zum natürlichen Handelswasserweg von Tirol zur Donau, um Waren aus Italien, Tirol und Bayern nach Wien und Ungarn zu bringen.

Einen besonderen Aufschwung bedeutete der Salztransport .Da das gesamte Gebiet des Unteren Inn bis hinauf nach Böhmen kein Salzvorkommen aufweist, brachte man das lebensnotwendige Gut von Hall und Bad Reichenhall innabwärts. Hall war Ausgangspunkt der Schifffahrt weil dort ein Holzrechen als Flusssperre angelegt war, um die Floßhölzer für die um 1300 errichtete Saline aufzufangen.

Für Schärding, das 804 erstmals als Scardinga in einer Passauer Urkunde aufschien und als kleine Flussbefestigung zwischen österreichischen und bayerischen Herrschern hin - und hertorkeln musste, brachte der Salzhandel einen gewaltigen wirtschaftlichen Aufschwung. Ursprünglich waren es nur Haller Schiffsmeister, die mit ihren aus mehreren Kähnen bestehenden Schiffszügen allwöchentlich Richtung Wien fuhren. Naufahrt nannte man die Fahrt flussabwärts, und am Zielort wurden die Schiffe zusammengeschlagen und als Brennholz verwertet. Es gab aber auch wertvolle Gefährte, Schiffszüge, die aus dem Hauptschiff, der Hohenau und mehreren Begleitschiffen, Hilfs – und Nebenschiffen bestanden, die am Ziel entladen und für die Hohenaufahrt ( = flussaufwärts) neu  beladen wurden. So kamen Waren aus dem Flachland, z.B. Getreide, Öl, Tabak und Wein aus Ungarn ins Gebirge nach Tirol. Solche Schiffszüge, von bis zu 50 Pferden am Ufer gezogen, waren meist 12 Wochen lang unterwegs.

Schärding profitierte von der Schifffahrt durch diverse Mautgebühren; so gab es einen Durchfahrtszoll, Überfahrtszoll und Anlandegebühren. Das Stapelrecht - dass die Waren eine bestimmte Zeit in der Stadt handelsbereit gelagert wurden - brachte ebenfalls einen finanziellen Segen. Chronist Johann Lamprecht berichtet, dass zur Blütezeit der Innschifffahrt ( um 1650) bis zu 30 Schiffszüge pro Woche an der Schärdinger Innlände anlegten. ( Merian - Stich , 17. Jhdt.)

Der Handel in der Stadt blühte auf, tüchtige Geschäftsleute wurden zu Salzherren und bauten sich schöne Häuser, der Stadtplatz und die Silberzeile“( s. Bild) , benannt nach den silberreichen Handelsherren, entstanden und stellen heute noch Zeugnisse einstigen Wohlstandes dar.

Wenn die Schiffsleute in Schärding einkehrten, waren sie hungrig und trinkfest, so entstanden viele Wirtshäuser; Lamprecht zählte  20 Schankwirte, 6 Weinwirte und 6 Bierbrauer. Es existieren auch jetzt noch erstaunlich viele Gaststätten in Schärding , obwohl es keine Schiffsleute mehr gibt. Die Schiffsknechte waren manchmal raue Gesellen, um 1800 war  in den Innstädten der Spruch bekannt : Mütter, sperrts die Töchter ein, die Schiffsleut` kommen !“.

In der städtischen Getreideschranne kauften Großhändler ein und verschifften die Ware nach Tirol. Auf den Pferdedmärkten Schärdings  standen oft bis zu tausend Stück Vieh zum Verkauf.. 8  Lederer konnten von der blühenden Viehzucht leben. Schwunghafte Schafzucht rund um die Stadt bildete die Existenz für 8 Leinenweber – und Lodenwirkerbetriebe, deren Erzeugnisse sogar bis Italien und Norddeutschland exportiert wurden.  So erlebte auch das Gewerbe damals einen später nie mehr erreichten Aufschwung.

Der Inn war aber nicht nur Handelsstraße, sondern auch strategischer Transportweg.1490 reiste der Bayernherzog Georg auf 24 Schiffen mit 1200 Soldaten und Pferden von Schärding über Linz nach Wien, um bei der Befreiung von den Ungarn mitzuhelfen.1532 wurden tausende Italiener  samt Pferden auf 45 Schiffen  von Hall bis Wien gebracht, um Kaiser Karl V. im Kampf gegen die Türken zu unterstützen. Prunkvolle Schiffszüge waren die Fahrten des bayerischen Hofes  auf Inn und Donau nach Wien. So reiste 1685  Kurfürst Max Emanuel mit großem Gefolge in die Kaiserstadt und ein besonderes Ereignis war 1765 der Transport des Leichnams des deutschen Kaisers Franz I., des Gemahls Maria Theresias,der in Innsbruck überraschend gestorben war, von Innsbruck nach Wien.

Die großartige wirtschaftliche Entwicklung der Stadt wurde schicksalshaft jäh gestoppt durch den zwischen Österreich und Preussen 1779 abgeschlossenen Frieden zu Teschen, denn dadurch wurden die Bezirke Braunau, Ried und Schärding von Bayern abgetrennt und kamen unter der Bezeichnung Innviertel zu Österreich. Somit wurde  Schärding zur Grenzstadt und der Inn zu einer herben wirtschaftlichen Grenzlinie. Lamprecht schreibt : der innige und lebhafte Verkehr   der jeweiligen Bewohner diesseits und jenseits  des Flusses wurde gänzlich abgerissen, eine neue Periode mit beschränkten Verhältnissen und bitteren Wechselfällen begann. Die strengen Zollschranken brachten enorme Behinderungen und Erschwernisse für den Schiffsverkehr und somit für die gesamte Wirtschaft der Stadt.

Um 1800 begann der Ausbau der Reichsstraßen und man versuchte den Inn durch Uferverbauungen besser schiffbar zu machen.

Für die Schifffahrt begann ein neues Zeitalter, als 1854 der erste Raddampfer mit dem symbolträchtigen Namen „ Vorwärts“ von Passau nach Braunau unterwegs war ( s. Foto). Daraufhin wurden  acht weitere Raddampfer für den Personen - und Güterverkehr in Dienst gestellt, die in zwei Tagesfahrten das Endziel Rosenheim erreichten und talwärts die Strecke bis Passau in 9 Stunden zurücklegten. Nach nur 4 Jahren wurde der Schiffsverkehr mit den Dampfschiffen eingestellt, weil der wechselhafte Wasserstand und der Nebel die Schifffahrt auf 150 Tage im Jahr einschränkte, was als nicht mehr rentabel angesehen wurde.

Die Inbetriebnahme  der Eisenbahnlinien  Linz - Rosenheim und Wels - Passau im Jahre 1861 bedeutete das  endgültige Aus für die Dampfschifffahrt auf dem Inn. Versuche zur Wiederaufnahme durch die DDSG 1874 und den Salzburger Bankier Scheibl 1884 scheiterten.

Lediglich Holz wurde noch bis nach 1900 am Inn abwärts zu den großen Sägewerken geflößt.

Den Schärdingern saß der wirtschaftliche Schock so tief, dass sie immer wieder Versuche starteten, die Schifffahrt erneut zu beleben,  zumal der Staat mit Millionenaufwand eine Flussregulierung durchgeführt hatte, die nicht nur dem Hochwasserschutz dienen sollte, sondern auch für die Schifffahrt bessere Bedingungen schuf. Aus Zeitungsberichten wissen wir, dass  Schärdinger Politiker immer wieder Vorstöße unternahmen und sogar erreichten, dass 1911 das Motorschiff Linz eine Probefahrt Passau - Schärding unternahm und die MS.Tusnelda 2 die Strecke Rosenheim - Braunau  probeweise befuhr. Aber auch weitere Versuche scheiterten, weil der meist niedrige Wasserstand und die ständig im Flussbett wechselnden Schotterbänke eine dauernde Schifffahrt nicht zuließen.

Der Inn war für Schärding nun keine Lebensader mehr, sondern nur mehr Grenz - und Trennlinie, und dies wirkte sich natürlich auf die wirtschaftliche Entwicklung entsprechend negativ aus.

Mit dem Bau von Flusskraftwerken begann im 20 .Jahrhundert eine neue Epoche der wirtschaftlichen Funktion des Inn. Der industrielle Ausbau der Wasserkraft endete 1965 mit dem Bau des Kraftwerkes Passau - Ingling und schloss eine Kette von 19 Staustufen. Diese Kraftwerke verfügen über eine installierte Leistung von 1235 Megawatt; mit dieser Menge könnte man ganz München (1,3 Mill..Ew.) samt Gewerbe und Industrie versorgen.

Aus wirtschaftlichen Gründen wurden bei allen Staustufen keine Schiffsschleusen eingebaut, sodass keine durchgehende Schifffahrt mehr möglich ist. Die beim Schärdinger Kraftwerksbau über Betreiben der Wirtschaft in das ministerielle Bauprotokoll aufgenommene Formulierung. Wenn es die wirtschaftliche Notwendigkeit erfordert, können nachträglich Schiffsschleusen eingebaut werden“ ist wohl eher ein Trostpflaster als  eine Zukunftshoffnung.

Im Zuge der Kraftwerksbauten kam es  auch zu umfangreichen Flussregulierungen und Uferverbauungen, die in einzelnen Fällen auch positive Nebenwirkungen brachten :in Staugebieten des unteren Inn siedelten sich viele seltene Vogelarten an und es entstanden Vogel - Naturreservate von europäischem Rang. 

Seit 1987 gibt es aber doch wieder eine Schifffahrt auf dem Inn, allerdings nur mehr zwischen den beiden letzten Kraftwerken Schärding - St. Florian und Passau - Ingling.  Der frühere Schärdinger Speditionskaufmann Manfred Schaurecker hängte seinen Beruf an den Nagel und verwirklichte seine Vision:  er erwarb als Self-made-man  die nötigen Schiffspatente und baute nach eigenen Ideen und mit Beratung durch Fachleute ein Schiff im Wiener Caffeehausstil, mit dem er nach geschickter Überwindung aller behördlichen Hindernisse die Ausflugsschifffahrt startete. 5 Jahre später schuf er das Motorschiff Gerda im Stil historischer Salzfürstenschiffe: 27 m lang, 60 Tonnen schwer, kann es fast 200 Passagiere fassen und erreicht mit den beiden 200 - PS - Motoren bei dem minimalen Tiefgang von nur 53 cm  eine Geschwindigkeit von 21 km/h. Pro Jahr begeistern sich nun rund 50.000 Passagiere nicht nur an der romantischen Uferlandschaft: Vogelinsel, Biberinsel, Schloss Vornbach, Teufelsstein, Johannesfelsen, Römersäule, Burg Wernstein und Neuburg , wo sich der Fluss in der nur 60 m breiten Schlucht zwischen den Granitfelsen durchbeisst, sondern genießen auch die am Schiff gebotenen kulinarischen Köstlichkeiten.
Die Idee von Kapitän Schaurecker hat derart eingeschlagen, dass am Sommer 2010 ein neues, modern gestyltes Schiff in Dienst gestellt wurde. Für Schärding und den Tourismus der Region bedeutet diese neue Inn- Ausflugsschifffahrt eine großartige Bereicherung und Attraktion.

Quelle: Professor Rudolf Lesky , Schärding